Dr.  Manfred  Krill  Verlag FÜR PSYCHOANALYSE

HAINERBERGWEG 53, D-61462 KÖNIGSTEIN IM TAUNUS

Telefon 06174-23660

Inh.: Dr. med. Manfred Krill


 

Karl May (1842-1912)

 

                                                 

 

ISBN 978-3-9818213-5-2 Dr. Manfred Krill Verlag für Psychoanalyse Königstein i.T  

 

Impressum

(C) 2020 Dr. Manfred Krill Verlag für Psychoanalyse, Hainerbergweg 53, D-61462 Königstein

Satz: Dr. Manfred Krill (Autor), Königstein

Druck: Dr. Manfred Krill

Ungebunden

Schrift: Garamond und Arial

Das Urheberrecht: liegt ausschließlich bei Dr. Manfred Krill. Alle Rechte sind vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert, übersetzt oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Autor und Verlag übernehmen keine Verantwortung und keine Haftung, die auf irgendeine Weise aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entstehen könnten. Geschützte Warennamen oder Warenzeichen werden nicht besonders gekennzeichnet. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt. Ähnlichkeiten mit Personen sind rein zufällig. Keine der Krankengeschichten hat reale Personen zum Inhalt. Bei der Bewertung von Zitaten von Autoren und sonstigen Personen sind nicht diese Autoren oder Personen persönlich gemeint, sondern nur deren vermutliche Meinungen, Thesen, Behauptungen und sonstige Aussagen.

Printed in Germany, 1. Auflage

ISBN 978-3-9818213-5-2   Verlag ISBN 978-3-9815177

 

Umschlagbild und Umschlaggestaltung (Deckblatt): „Schlafender Hund, den man nach Freud nicht wecken soll“, Acryl auf Karton von Manfred Krill 1997

 

Autor: Dr. Manfred Krill, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychoanalyse, Psychotherapie

Hainerbergweg 53, 61462 Königstein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Karl May, war er psychisch krank?

 

von Manfred Krill

Eine psychiatrische und eine psychoanalytische Betrachtung seiner Schriften „Meine Beichte“, „Mein Leben und Streben“ und „Empor ins Reich der Edelmenschen“ in Bd. 34 der Gesamtausgabe, Karl May-Verlag Bamberg 1968. Zitate in Seitenzahl in Klammern.

Psychiatrisch kann eine Psychose ausgeschlossen werden.

Eine endogen-phasisch verlaufende depressive Psychose, etwa mit Schuld- und Versündigungswahn, Krankheitswahn und einer typischen Schlafstörung lag nicht vor, ungeachtet, dass er Stimmungsschwankungen unterlag und mit seiner Rolle haderte.

Für eine hirnorganische Psychose, etwa mit Verlangsamung, inkohärentem Denken, Affektlabilität und Merkfähigkeitsstörungen oder gar zerebralen Werkzeugstörungen, etwa Sprech- oder Sprachstörungen oder Störungen der Motorik, der Sensorik, ergab sich ebenfalls kein Anhalt.

Eine schizophrene Psychose, etwa mit Schwierigkeiten, sich von anderen Personen abzugrenzen, oder einem Wahn (Verfolgungswahn, Liebeswahn) scheidet ebenfalls aus. Vielmehr setzt er sich mit seinen Anklägern auf einer normalen, realitätsnahen Ebene auseinander. Magische Beeinflussungserlebnisse fehlen, so fühlt er sich nicht in seinen Gedanken oder Gefühlen von außen gesteuert oder behindert, noch glaubt er an eine Gedankenausbreitung. May schreibt zwar von „meiner Wahnidee“ (17), er meint aber damit, wie aus dem Zusammenhang ersichtlich, nicht einen Wahn, der unverrückbar, nicht diskutabel wäre, sondern eine überwertige Idee, die ihn beschäftigt und der er anhängt.  Auch ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine schizophrene Kontaktstörung, auch nicht innerhalb seiner Auseinandersetzungen mit anderen Personen.    

Nun ist nach anderen psychischen Auffälligkeiten in seinem Innenleben zu suchen. Dies ist immer mühsam, und deshalb wird dieser Punkt gern übergangen, zugunsten vor allem von äußeren Lebensdaten oder bloßen Äußerungen Dritter.

Hier ist auf Wünsche (die mit dem US-amerikanischen Psychoanalytiker HOLT an die Stelle von Freuds „Trieben“ getreten sind), auf Ängste, diese Wünsche nicht erreichen zu können oder für einen Erfolg Vergeltung befürchten zu müssen („Vergeltungsängste“) sowie Abwehranstrengungen gegen diese Wünsche und diese Ängste zu achten, die das Ziel haben oder haben sollten, diese Strebungen einigermaßen  in Einklang miteinander zu bringen, damit sich dieser innerliche Konflikt auflöst oder wenigstens gemildert werden kann.
Unter seinen Wünschen sticht besonders sein Ehrgeiz, ein erfolgreicher Schriftsteller zu sein und dafür auch bewundert zu werden, hervor, während andere, so nach Sexualität, gutem Essen, Gesundheit, Befriedigung von Neugier (er war nur wenig verreist), im Hintergrund bleiben. Man kann zusammenfassend sagen, dass er vor allem von einem Ehrgeiz nach Anerkennung getrieben war. Entsprechend hoch müssen seine Ängste gewesen sein, diese Anerkennung nicht zu erhalten bzw. dass ihm die, welche er bereits weltweit erreicht hatte, streitig gemacht werden würde oder dass er sogar für diese Wünsche Vergeltung erfahren würde, - was auch eintrat.

Hier sei ein Seitenblick auf seine Gegner gestattet, weil er notwendig ist, auch zum Verständnis Mays. Gewaltiger Neid in konkurrierenden Schriftstellern ist ja bei dem Riesenerfolg Mays selbstverständlich. Es sind ja immer die neidisch, die situativ einem Erfolgreichen nahestehen.  So beneidet ein Bürger nicht den Kaiser, sondern seinen Nachbarn oder Gleichgestellten oder seinem, auch etwas höher oder etwas tiefer stehenden, Konkurrenten, - weil er sich mit diesen vergleicht und gegen sie kämpft. Ein bloßer Leser der Bücher von May beneidet diesen keineswegs, - weil er ihn auch am entferntesten nicht erreichen kann. Sprichwörtlich ist der Geschwisterneid. Nicht selten gönnt die Ehefrau ihrem Mann (und umgekehrt) nicht seine Beförderung, ungeachtet, dass sie von dieser profitiert.

Allein mit normalem, alltäglichem Neid ist die Verbissenheit seiner Gegner, seiner literarischen Konkurrenten um die Gunst der Verleger und der Leser aber nicht zu erklären. Hier kommt der besondere Ehrgeiz Mays ins Spiel. Er will nicht nur schriftstellerisch erfolgreich sein, sondern er möchte auch seine Leser und die Öffentlichkeit überlisten und irreführen und dadurch eine zusätzliche Überlegenheit genießen. Dies wird von seinen Gegnern schmerzlich verspürt, fühlen sie sich hierdurch doch doppelt gedemütigt.

Mays Irreführung besteht in der Vermengung von Phantasie, so insbesondre von moritatenhaften Geschichten, und Lügen mit Realität. Hierdurch bürdet er Anderen die Mühe auf, die Wirklichkeit zu finden, also hier schwierige Unterscheidungen zu treffen. Das Publikum ist darin überfordert und fühlt sich hierdurch noch einmal gedemütigt. Es sinnt nun darauf, May zurechtzuweisen, seine Behauptungen zu widerlegen und ihn für seinen Hochmut zu bestrafen. Daher die vielen Prozesse. Tatsächlich hatten seine Widersacher erreicht, dass es May psychisch schlecht ging, also ebenfalls einmal die Oberhand gewonnen.

Lügen sind etwas anderes als nur erfundene Geschichten. Der Lügner weiß, dass er lügt, der Angelogene kann dies nur vermuten, weiß es aber oft zunächst nicht oder nicht sicher. Baron Münchhausens Geschichten erheitern die Menschen, weil es sich hier nur um blühende Phantasie handelt, aber sowohl das Publikum als auch der Autor darin übereinstimmen, dass hier nichts vorgetäuscht wird.

Der Belogene hingegen fühlt sich betrogen, missachtet, getäuscht, in seinem Bedürfnis nach Wahrheit geschädigt.

May belässt es nicht bei normalen Wünschen, außerordentlich erfolgreich zu sein, sondern greift auch zu Lügen zum Zweck, sich noch mehr über andere zu erhöhen. So lügt er, wenn er den Eindruck erwecken möchte, er sei in den Ländern, die der Ort seiner Geschichten sind, wirklich auch selbst gewesen. Er war ja hierzu von niemandem gezwungen. Er hat selbst das Fiktive in seinen Geschichten ohne Not zerstört und sich angreifbar gemacht. Er hat seine Gegner herausgefordert, weil er den Streit liebt. Wäre er im fiktiven Raum verblieben, wäre er einfach ein sehr erfolgreicher Schriftsteller gewesen.

Er ist aber Opfer von seinen Wünschen geworden, sein Publikum zu manipulieren, also zu erniedrigen. Sein großer Erfolg auf schriftstellerischem Gebiet reichte ihm nicht. Der Leser bemerkt dies unweigerlich bei sich, durch Ermüdung und zunehmende Unlust in diesem Band, die ständigen Übertreibungen und Prahlereien innerlich nachzuvollziehen. An dieser Gegenübertragung ist das Motivs Mays in diesem Band ablesbar: Selbsterhöhung und Erniedrigung des Publikums.

Er steht offensichtlich auch unter dem Eindruck von Ängsten, sich seine Wünsche nach Überlegenheit über seine Gegner nicht erfüllen zu können.

Neben seiner Neigung zur Großsprecherei, zum Aufschneiden, zur Erhebung der eigenen Person über andere zeigt May auch querulatorische Züge. Man fühlt sich an Kleists Michael Kohlhaas erinnert, wenn er sich als Opfer sehen möchte, schon durch eine miserable Kindheit ( 15: „Sohn blutarmer Webersleute“, 32: „im niedrigsten, tiefsten Ardistan geboren“, - ob dies einer Realität entsprach, tut nichts zur Sache, sondern entscheidend ist sein Motiv, sein Wunsch zur Selbsterhöhung, denn je schwerer er es schon als Kind hatte, desto größer seine Leistung, so will May sich verstanden wissen), aber im weiteren auch schlechter Einflüsse (17, so, er sei zu einer „salbungsvollen und muckerischen Schulmeisterreligiosität dressiert“ worden, er sei „angeklagt, verurteilt und zum Verbrecher gemacht“ worden), und Opfer von „Irrungen der Behörden“ (20)  und von „Lügen und Gehässigkeiten“ seiner „Neider und Widersacher (20), und sich z. B.  darüber beschwert, dass man ihm frühere Verfehlungen nachtrage, und „Rache“ (16) und „ewige Verdammnis für die Schurken“ (17) schwört, seine Gegner als „verruchte Schwefelbande“ bezeichnet, die in die „Hölle zu schleudern“ sei, und nur durch den Orgelklang den Besitz seiner Seele (17) habe erhalten können. Unübersehbar ist dabei seine Lust an Streit und Kampf wie bei Kohlhaas. Und diese Lust dürfte es vor allem sein, die seine Gegner anspornt, auf ihn einzutrommeln, weil sich May und seine Gegner den Genuss von Überlegenheit einander nicht gönnen.

Eine innere Abwehr Mays gegen seine Wünsche ist nicht erkennbar. Er lässt ihnen freien Lauf. Gegen seine Vergeltungsängste für seine Wünsche nach außerordentlichem Erfolg und nach Bewundertwerden wendet er Agieren durch Angriffe, Drohungen und Verwünschungen gegen seine Gegner an.

Zusammenfassend zeigt May in diesem Band die Züge einer narzisstischen Persönlichkeitstörung (i.S. einer chronischen, nicht bloß situativen Haltung) mit querulatorischen Zügen. Eine Psychose lag nicht vor.- Als beruflich sehr erfolgreicher Narzisst, der er war, hatte er Freunde und Bewunderer, aber auch bittere Feinde.

Deckblatt Bild: Schlafender Hund, den man nach Freud nicht wecken soll. (Acryl auf Karton, 1996 von Manfred Krill

Der Autor ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychoanalytiker und Psychotherapeut

Dr. Manfred Krill, Hainerbergweg 53, 61462 Königstein

6.6.20

 

 

 

Aktuelles

 

-Aktuelles

 

-Publikationen

 

-Theater- und Filmkritiken

 

-Rezensionen

 

-Einzelthemen

 

-Neuere psychoanalytische Gesichtspunkte

 

-Coaching

 

-Lehranalyse

 

-OPD2

 

-Malerei

 

-Praxis

 

-Kontakt

 

-Impressum

 

 

_______________

 

 

Dr. Krill - Seminare

http://drkrill-seminare.de/